InsurTech-Startup Hepster Versicherung neu gedacht: Die Spontan-Police im Abo-Modell
01.01.2020
InsurTech-Startup Hepster Versicherung neu gedacht: Die Spontan-Police im Abo-Modell
Die InsurTech-Szene ermöglicht eine Vielzahl neuer Geschäftsmodelle. Viele davon haben mit einer veränderten Customer Journey zu tun und mit dem Wunsch seitens des Kunden, spontan eine Versicherung abschließen zu können. Eines der innovativsten Start-ups ist der Versicherer Hepster aus Rostock. insureNXThat mit den drei Gründern Christian Range, Alexander Hornung und Hanna Bachmann gesprochen. Wir fragen sie unter anderem, warum ein Abo-Modell, das lange Jahre in der Branche als undenkbar galt, Sinn ergibt und wie die etablierten Versicherer auf ein junges InsurTech-Start-up mit Ideen wie einer Spontanversicherung reagieren.
Welche Grundvoraussetzungen müssen denn geschaffen sein, um spontan abschließbare Versicherungen zu realisieren?
Die Grundvoraussetzung für den erfolgreichen digitalen Vertrieb von Versicherungsprodukten ist die Kundenzentrierung. Wir haben die Kunden beobachtet – ihren Wunsch, Versicherungen genauso zu konsumieren, wie sie vieles andere in ihrem Alltag mittlerweile konsumieren: digital. Daraufhin haben wir ein digitales Ökosystem geschaffen, das auf einer modernen IT-Plattform basiert und es uns ermöglicht, die Geschäftsvorgänge datengetrieben abzubilden. Die vollständig digitalisierte Antragsstrecke ist dabei nur ein Teil. Der Unterschied besteht dem Grunde nach darin, vom Kunden in die Architektur zu denken und nicht aus technischen Gründen anders herum.
Neben den herkömmlichen Versicherungen von Unfall bis Haftpflicht bietet Hepster auch alternative Produkte von E-Bike über Snowboard bis zur Kameraversicherung. Was findet denn mehr Akzeptanz?
Für uns funktioniert der Vertrieb interessanterweise gerade in dieser Kombination sehr gut: Hepster hat sich von Beginn an um neue und neu gedachte Versicherungsproduktlösungen bemüht. Gestartet sind wir mit diversen Policen zu Sportequipment und der Unfallversicherung, bilden aber aktuell viele Produkte als Add-On Insurances ab. Wir fokussieren uns auf neue Märkte und auf Produkte wie die Fahrrad- und E-Bike-Versicherungen, die aufgrund einer Vielzahl an Trends wie Mobilität, Nachhaltigkeit und Mitarbeiterzentrierung stetig an Bedeutung gewinnen. Das bieten wir in neuer Form an – als situative Versicherung für die Fahrrad-Vermietung oder das Sharing oder als monatliche Lösung für Leasing-Anbieter. Die herkömmlichen Versicherungen wie Haftpflicht, Schutzbrief und Unfall runden als Cross-Selling-Produkte unser Angebot ab.
Das klingt erst einmal einfacher und lockerer als bei etablierten Versicherungen. Doch an bestimmten komplexen Themen in der Versicherungswirtschaft kommt Ihr ja auch nicht vorbei. Über wen versichert Ihr, bzw. weiß der Kunde jeweils, welcher Versicherer dahinter steht?
Klar weiß der Kunde, wer hinter dem jeweiligen Produkt steckt. Wir arbeiten da transparent für den Kunden mit sehr etablierten Portfolio-Versicherern zusammen, u.a. der Swiss Re und der Helvetia, aber auch mit der BD24, einer Tochter der Hanse Merkur. Diese wichtigen strategischen Partner zu identifizieren und zu überzeugen, hat gerade am Anfang unserer Gründung einen großen Teil der Zeit in Anspruch genommen. Etwas neu zu denken und sich darauf einzulassen – einen neuen Weg zu gehen – liegt nicht unbedingt in der DNA eines stark regulierten und etablierten Marktes.
Machen denn befristete Versicherungen, die Ihr ja als eine Art „Abo“-Modell anbietet, aus Unternehmenssicht überhaupt Sinn? Man akquiriert ja quasi nur für ein sehr begrenztes Geschäft.
Als wir das Abomodell im November 2018 gelauncht haben, war diese Form der Laufzeit auch für uns ein Experiment. „Versicherungen nutzen wie Netflix“ hat aber von Anfang an sehr gut funktioniert. mehr als ein Drittel unserer Kunden im Webshop entscheiden sich für diese Möglichkeit – und die Kunden bleiben auch sehr viel länger loyal als wir ursprünglich angenommen haben. Natürlich besteht im Zusammenhang mit Schadenkostenquoten ein gewisses Risiko mit dem Abo-Modell, aber das beobachten wir sehr genau und im Moment überwiegen deutlich die Vorteile gegenüber den Nachteilen. Der generelle Trend zu Sharing, Leasing und Renting bedarf genau dieser Lösungen, wie wir sie anbieten: Zeitlich flexibel, unbürokratisch, technisch einwandfrei. Beim Mieten eines Fahrrades möchte ich einfach nicht 10 Tage später Post von einem Versicherer bekommen und dann einen Überweisungsträger ausfüllen.
Welche Rolle spielen denn bisher und zukünftig Lösungen, die über Vertriebspartner und Unternehmen, quasi über den elektronischen Herrn Kaiser, verkauft werden? Also etwa die Skiversicherung, die über den Sportartikelhersteller als Voucher mit vertrieben wird oder die Smartphone-Versicherung, die über den Händler dem Paket beiliegt?
Das ist eigentlich sogar der Kern unseres Geschäftsmodelles. Unser Webshop, in welchem wir Versicherungen direkt an den Endkunden vertreiben, dient für uns mehr als eine Testumgebung für neue Versicherungsprodukte, Features und Laufzeitenmodelle. Hauptsächlich beschäftigen wir uns aber jeden Tag mit der technisch nahtlosen Integration individuell entwickelter Versicherungslösungen bei unseren Partnern. Hierbei handelt es sich um Touchpoint-Lösungen, die den Bedarf des Kunden passgenau analysieren und Lösungen schaffen. Wir machen das schon in den Bereichen Retail (beispielsweise mit SportScheck), Leasing (u.a. mit meindienstrad.de), Sharing (ListNRide), Renting (mit verschiedenen Fahrrad-Verleihen) und vielen anderen Branchen.
Zwei der Hepster- Gründer kamen ja aus der (längjährigen) Versicherungskarriere und kennen den Schreibtisch auf der anderen Seite. Wie reagieren denn die Versicherungen auf Euch? Sehen die Euch nicht auch als Konkurrenz?
Als wir 2016 gestartet sind, wurden wir vielerorts entweder ausgelacht oder nicht ernst genommen. Situative Versicherungen, die man schon für einen Tag buchen kann? Neue, kleinere, konkretere Versicherungsprodukte? Undenkbar. Das hat sich mittlerweile jedoch komplett gedreht. Die Erstversicherer sehen die Änderungen im Markt und profitieren von der InsurTech-Community, da diese schneller als ein etabliertes Versicherungsunternehmen auf Änderungen im Markt und auf sich wandelnde Kundenwünsche reagieren können. Etablierte Versicherer sind dagegen aufgrund über Jahrzehnte heterogen gewachsener Infrastrukturen oft nicht in der Lage, schnell ein Produkt auf den digitalen Markt zu bringen, am Kunden zu erproben und dann fortfolgend aufgrund der gesammelten Erfahrungen anzupassen. Dieser „Time-To-Market“-Vorteil der InsurTechs ist von vielen Versicherern erkannt worden und es kommt gehäuft zu engen Kooperationen.
Über Hepster:
Die drei Gründer Christian Range (CEO), Alexander Hornung (General Manager) und Hanna Bachmann (COO) haben die Idee für Hepster zwar nicht in einer Garage entwickelt, aber immerhin an Christians Küchentisch. Im Mai 2016 wurde das Unternehmen gegründet, wobei Christian und Alexander jeweils rund 15 Jahre Erfahrung in der Versicherungswirtschaft einbringen konnten. Ein Jahr später stand die erste Website, heute beschäftigt das InsurTech-Start-up in Rostock gut 30 Mitarbeiter, hat mehr als 150 Partner und über 5.000 Kunden.