Interokultur

Tech 11 x insureNXT

30.09.2021

Tech11 x insureNXT

Pierre Dubosq, Managing Partner bei Tech 11, stellt sich den Fragen rund um das Thema: NXT|GEN Products – Bündelprodukte aus Versicherung & Technologie, Nische oder Next Big Thing?

Du sagst, die Leistungsfähigkeit der Kernversicherungssysteme bestimmt maßgeblich die Performance und Zukunftsfähigkeit eines jeden Versicherers. Wo stehen die deutschen Versicherer aktuell im Durchschnitt?

Pierre Dubosq:

Die Leistungsfähigkeit der Kernversicherungssysteme bestimmt die Performance und Zukunftsfähigkeit eines jeden Versicherers maßgeblich. Moderne Core Insurance Plattformen ermöglichen es Versicherern neue Produkte schnell zu entwickeln und Produktinnovationen wie bspw. Bündelprodukte mühelos an aktuelle Kundenbedürfnisse anzupassen und diese gleichzeitig über offene Schnittstellen (APIs) in jeden Distributionskanal zu integrieren. Es gilt, die eigenen Versicherungsprodukte schnell und kostengünstig dort hinzubringen, wo der Endkunde ist. So dunkel, digital und kundennah wie möglich. Gleichzeitig zeichnen sich moderne Lösungen durch eine hohe Flexibilität in der Prozesskonfiguration aus und können klassisch On-Premise oder in der Cloud skalierbar betrieben werden. Wer diese vielfältigen fachlich komplexen Herausforderungen auf Basis einer zeitgemäßen technologischen Plattform realisiert, wird als Gewinner aus der digitalen Transformation hervorgehen.

Der Großteil der deutschen (aber auch europäischen) Versicherer verwaltet seine Kernsysteme noch immer auf Altsystemen, welche in den 70er oder 80er Jahren des letzten Jahrhunderts gebaut wurden. Vielfach sind Cobol-basierte Systeme im Einsatz, für die es immer weniger Fachpersonal gibt, die diese Systeme noch betreiben oder weiterentwickeln können. Es besteht also ein hoher Handlungsdruck.

 

In anderen Branchen ist es üblich, Software von Externen einzukaufen und damit eigene Produkte zu entwickeln. Warum tut sich die Versicherungsbranche damit noch so schwer? 

Pierre Dubosq:

In der Versicherungswirtschaft sind grundsätzlich schon sehr viele Externe unterwegs. Dazu zählen u.a. Softwareanbieter und Beratungsunternehmen. Teilweise sind in manchen Abteilungen sogar mehr Externe als Interne tätig. Im Bereich der Kernversicherungssysteme sind jedoch mehrheitlich noch historisch gewachsene Individualentwicklungen im Einsatz, die über Dekaden von unterschiedlichen Menschen weiterentwickelt, um neue Technologien ergänzt oder für weitere Geschäftszweige ausgebaut wurden. Solche historischen Strukturen durch Standardsoftware abzulösen ist ein Kraftakt, so dass es grundsätzlich nachvollziehbar ist, dass eine eigentlich notwendige Entscheidung dazu in der Vergangenheit selten getroffen wurde. Die Digitalisierung, verändertes Kundenverhalten und neue Marktteilnehmer erhöhen jetzt jedoch den Druck zur Transformation, so dass wir schon jetzt und in den kommenden Jahren vermehrt eine Vielzahl an Systemablösungen beobachten werden.

Fairerweise muss man aber auch sagen, dass die Angebote adäquater Standardsoftware, zumindest im Bereich Nicht-Leben, auch erst seit wenigen Jahren auf einem Level sind, dass Mehrwerte gegenüber den Eigenentwicklungen spürbar überwiegen.

 

Wer glaubst du, wird die Digitalisierung im Markt stärker treiben: Die Technologie- oder die Versicherungskonzerne? 

Pierre Dubosq:

Eindeutig die Technologieanbieter. Auch wenn sich zukunftsfähige Unternehmen, also auch Versicherer, als Technologieunternehmen begreifen sollten. Das bedeutet aber nicht, dass man Software auch selbst inhouse entwickeln muss. Versicherer sollten sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren, sich für ihre jeweilige Größe geeignete Technologiepartner für ihre Kernsysteme auswählen und diese Partner dann klug orchestrieren.

Große Versicherer haben es da tendenziell etwas leichter, da sie über finanzielle Möglichkeiten verfügen, neue digitale Geschäftsmodelle mit geeigneter Standardsoftware auf der grünen Wiese zu bauen und die digitale Transformation somit ein stückweit vom operativen Tagesgeschäft zu entkoppeln. Die Herausforderung dieser Herangehensweise ist es jedoch, dass häufig keine oder nur sehr grobe Vorstellungen darüber bestehen, wie diese neue Welt eines Tages mit der alten Welt wieder verbunden werden soll.

Um den vielfältigen Anforderungen dieses Technologiezeitalters gerecht zu werden, aber auch damit verbundene Wachstumspotenziale zu nutzen, ist Technologie der zentrale Erfolgsfaktor. Technologie als Mittel zum Zweck. Wenn man über den richtigen technologischen Schlüssel verfügt, ist man auch in der Lage die genannten Herausforderungen zu entsperren. Denn parallel zu den neuen Anforderungen der Digitalisierung existieren die Probleme der “alten Welt” ja unvermindert weiter, wie etwa Regulierung oder Compliance.